Mundgesundheit und Zahnversorgung für Menschen mit Behinderung

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2016 in Poznań, Poland

Kontext

Über 1 Milliarde Menschen, ca. 15 % der Weltbevölkerung, haben eine Behinderung. Dazu gehören zwischen 110 und 190 Millionen Menschen mit funktionellen Störungen. Durch eine höhere Lebenserwartung bei Kindern mit Behinderungen, der alternden Bevölkerung und ein verstärktes Auftreten von Langzeiterkrankungen steigen die Zahlen von Menschen mit Behinderung auf der ganzen Welt.

Anwendungsbereich

In der gemeinsamen Stellungnahme (2003) der FDI/WHO/IADR über Globale Ziele der Mundgesundheit bis zum Jahr 2020 wurde die Bedeutung der Förderung der Mundgesundheit in Gruppen und Bevölkerungen mit der höchsten Krankheitslast hervorgehoben. Dies ist besonders wichtig für Menschen mit Behinderungen, da diese allgemein mehr Mundkrankheiten haben, die noch zu ihren Schwierigkeiten beitragen. Diese Gruppen sind oft schlecht versorgt und ihre Bedürfnisse nach zahnmedizinischer Versorgung werden kaum berücksichtigt. Oft bleiben ihre Munderkrankungen unbehandelt. Die zahnmedizinische Versorgung für Menschen mit Behinderung ist oft nicht kompliziert. Sie kann von Zahnärzten mit entsprechender Einstellung und Kompetenzen in der Primärversorgung und einem Gemeinschaftsrahmen geleistet werden.

Definitionen

Die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ der Weltgesundheitsorganisation bezeichnet die Behinderung als einen Überbegriff, der Behinderungen sowie Aktivitäts- und Partizipationseinschränkungen mit einschließt. Es gibt verschiedene Arten von Behinderungen. Sie betreffen Menschen mit einer Anzahl von Einschränkungen mit oder ohne zusätzliche Bedürfnisse. Doch nicht jeder Mensch mit Behinderung hat komplizierte Ansprüche. Der Geltungsbereich ist breit und umfasst Menschen mit physischen, sensorischen, intellektuellen, medizinischen, emotionalen oder sozialen Beeinträchtigungen; oder oft eine Kombination aus diesen Beeinträchtigungen. Solche Gruppen werden oft als Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Menschen mit Bedürfnissen nach Gesundheitsversorgung oder Menschen, die spezielle zahnmedizinische Versorgung benötigen, bezeichnet.

Grundsätze

Alle Menschen haben das fundamentale Recht auf Gesundheit und Zugang zur Gesundheitsversorgung in ihren Gemeinschaften. Menschen mit Behinderung sollten zur Gestaltung und der Bewertung von Gesundheitsdiensten und Gesundheitsinformationen zurate gezogen werden, um sicherzustellen, dass dieser Service patientenorientiert ist und deren Ansprüchen entspricht. Menschen mit Behinderung sollten für ihre Fähigkeiten anerkannt werden, nicht für ihre Behinderung und die Mundgesundheitsversorgung sollte zum gleichen Standard angeboten werden wie für Menschen ohne Behinderung. Die FDI und die International Association for Disability and Oral Health (IADH) unterstützen die UN-Behindertenrechtskonvention und befürworten, dass Menschen mit Behinderung uneingeschränkten Zugang zu zahnärztlicher Behandlung haben sollen.

Stellungnahme

Die FDI und IADH unterstützen folgende Leitlinien und damit verbundenen Empfehlungen:

  • Die nationale Gesundheitspolitik zu fördern, um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen.
  • Sicherzustellen, dass alle Mundgesundheitsdienste auch für Menschen mit intellektuellen, physischen, sensorischen, emotionalen und sozialen Beeinträchtigungen zur Verfügung stehen.
  • Familien, Pfleger und Angehörige der anderen Gesundheitsberufe für die Wichtigkeit der Mundgesundheit als bedeutendes Element der Allgemeingesundheit und Lebensqualität für Menschen mit Behinderung sensibilisieren.
  • Schulungen zur Beurteilung von Mundgesundheitsrisiken und Förderung der Mundgesundheit für alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen, die auf Menschen mit Behinderung spezialisiert sind, befürworten.
  • Die besonderen Kompetenzen, Ausbildung und Schulung sowie die notwendigen Einrichtungen anerkennen, um Patienten mit besonderen Bedürfnissen nach Mundgesundheitsversorgung behandeln zu können.
  • Die Ausbildung in der „Zahnmedizin für Menschen mit Behinderungen“ im grundständigen sowie postgradualen Studium sowie Fortbildung in allen Disziplinen der Zahnmedizin anzuregen.
  • Private und öffentliche Sponsoren der Mundgesundheitsforschung zu ermutigen, die Anforderungen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen nach Mundgesundheitsversorgung zu berücksichtigen.

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozioökonomische Zwänge widerspiegeln.

Literaturnachweise

  1. Allen M, Allen J, Hogarth S, Marmot M. Working for Health Equity: The Role of Health Professionals. London: UCL – Institute of Health Equity, 2013.
  2. Canadian Academy of Health Sciences. Improving Access to Oral Healthcare for Vulnerable People Living in Canada. A report of the Canadian Academy of Health Sciences. 2014. Available from: http://www.cahs-acss.ca/improving-access-to-oral-health-care-for-vulnerablepeople-living-in-canada-2/.
  3. Commission on Social Determinants of Health. Closing the gap in a generation. Health equity through action on the social determinants of health. Geneva: WHO, 2008.
  4. Convention of Rights of Persons with Disabilities. UN, 2006. Available from: http://www.un.org/disabilities/convention/conventionfull.shtml.
  5. Department of Health. Valuing People’s Oral Health. A good practice guide for improving the oral health of disabled children and adults. London: Department of Health, 2007.
  6. Faulks D, Freedman L, Thompson S, Sagheri D, Dougall A. The Value of Education in Special Care Dentistry as a Means of Reducing Inequalities in Oral Health. Eur J Dent Educ, 2012. 16(4):195-201.
  7. Ottawa Charter for Health Promotion. Geneva: WHO, 1986.
  8. WHO report on disability 2011. Available from: http://www.who.int/disabilities/world_report/2011/en/.

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