Kariesmanagement mit Silberdiaminfluorid

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2025 in Shanghai, People's Republic of China

Kontext

Die Anwendung von Silberdiaminfluorid (SDF) ist eine minimalinvasive Behandlung von Karies mit sowohl antibakteriellen als auch remineralisierenden Eigenschaften. Die Anwendung (Konzentration 38 %) arretiert wirksam das Fortschreiten einer Zahnkaries, ohne dass die Pulpa in Mitleidenschaft gezogen wird. Dieser nicht-restaurative Ansatz des Kariesmanagements ist einfach, nicht-invasiv und kosteneffizient. Darüber hinaus entstehen bei der Anwendung keine Aerosole, so dass das Risiko einer Kreuzinfektion minimiert wird.   Die SDF-Therapie ist vielseitig, arretiert effektiv kariöse Läsionen im Milchgebiss und bleibenden Zähnen und ist deshalb bestens für den Einsatz sowohl in zahnmedizinischen Praxen als auch für die gemeindenahe Versorgung und die Versorgung in abgelegenen Regionen geeignet. Weiterhin können zahnmedizinische Praxisteams in der Anwendung von SDF unter Aufsicht von Zahnärzten geschult werden, so dass der Zugang zu dieser Behandlung erweitert wird. Allerdings sollten Dentinläsionen zunächst von einem Zahnmediziner diagnostiziert werden, bevor SDF angewandt wird, um Kariesläsionen zu arretieren. Das gilt besonders für tiefe Läsionen in unmittelbarer Nähe der dentalen Pulpa. Die SDF-Behandlung bietet einen Nutzen für kleine Kinder, ältere Erwachsene, Personen nach einer Kopf-Hals-Bestrahlung und Patienten mit besonderen medizinischen Bedürfnissen, die traditionelle restaurative Behandlungen nicht tolerieren.

Geltungsbereich

Die FDI hat diese Stellungnahme erarbeitet, um den Einsatz von SDF als eine effektive Minimalintervention zur Behandlung von Dentalkaries zu unterstützen.

Definition

Die minimalinvasive Zahnheilkunde beschreibt eine ganzheitliche, auf die Versorgung im Team ausgerichtete Behandlung zum Erhalt einer langfristigen Mundgesundheit mit präventiven, patientenzentrierten, verhaltensbezogenen Behandlungsplänen in Verbindung mit Verhaltensanleitungen und dem aufmerksamen Eingehen auf die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen des Patienten.

Das Konzept der minimalinvasiven Behandlung im Rahmen des Managements von Dentalkaries dient zur Konservierung von remineralisierbarem und intaktem Zahngewebe und hilft beim lebenslangen Erhalt der Zähne. Zahngewebe sollte nicht entfernt werden, wenn dies nicht erforderlich ist. Zu den wichtigsten Elementen dieser Behandlung zählen die Früherkennung von Läsionen sowie die Beurteilung des Kariesrisikos, die Remineralisierung von entmineralisiertem Zahnschmelz und Dentin, proaktive Maßnahmen für den Erhalt gesunder Zähne, individuell geplante Wiedereinbestellung der Patienten, minimalinvasive Operationstechniken zum Erhalt der Zahnstruktur und die Reparatur defekter Restaurationen anstelle ihres Ersatzes.

Grundsätze

  • Priorisierung minimalinvasiver zahnmedizinischer Behandlungen: Um die Mundgesundheit zu erhalten und Zahnkaries wirksam zu behandeln und gleichzeitig invasive Behandlungen zu reduzieren.

  • Individualisierte zahnmedizinische Behandlung: Eine zahnmedizinische Versorgung, die Wert auf eine individualisierte Behandlung und patientenzentrierte Strategien unter Berücksichtigung des Alters, des Gesundheitsstatus und der persönlichen Lebensumstände des Patienten legt.

  • Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit: Die zahnmedizinische Behandlung sollte für alle Teile der Bevölkerung zugänglich und bezahlbar sein; das gilt besonders für vulnerable Gruppen wie kleine Kinder, ältere Erwachsene und Menschen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen.

  • Evidenzbasierte Versorgung: Die zahnmedizinische Versorgung sollte auf dem besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstand beruhen.

Stellungnahme

Der Weltverband der Zahnärzte FDI unterstützt die:

  • Annahme der SDF-Therapie als minimalinvasive Behandlungsstrategie für das Management von Dentalkaries.

  • Verwendung von SDL zur Behandlung von Zahnkaries bei vulnerablen Bevölkerungsgruppen wie kleine Kinder, ältere Erwachsene und Menschen mit Behinderungen sowie Bewohner von Einrichtungen mit einem unzureichenden Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung und in abgelegenen Regionen.

  • Integration der Anwendung von SDF in das Management von Zahnkaries (Prävention und Behandlung) in unterschiedlichen Umfeldern wie zahnärztlichen Praxen, in der gemeindenahen Versorgung und in abgelegenen Regionen.

  • Kontinuierliche Erforschung und Entwicklung der Therapie, um die Verwendung von SDF in der klinischen Versorgung zu verbessern, ihre Wirksamkeit und Kosteneffizienz beim Management der Zahnkaries zu steigern und um weitere Optionen zur Verringerung von Verfärbungen zu untersuchen.

  • Aufnahme von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Verwendung von SDF in die Lehrpläne zahnmedizinischer Fakultäten im Rahmen minimalinvasiver Behandlungen zum Management von Zahnkaries.

  • Zustimmung des Patienten nach fachgerechter Aufklärung vor der Behandlung, da SDF schwarze oder braune Verfärbungen der Zähne verursachen kann; dies gilt besonders für Bereiche mit Zahnkaries und ist auf die Silberionen zurückzuführen, die mit der demineralisierten Zahnstruktur reagieren. 

Klinische Indikationen

SDF ist bei aktiven kavitierten Kariesläsionen indiziert, die nicht in die Pulpa hineinreichen, besonders, wenn:

  • Verhaltensfaktoren oder medizinische Faktoren eine restaurative Behandlung erschweren;
  • der Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung eingeschränkt ist

Sicherheit

Im Rahmen eines gemeindenahen Versorgungsprojekts in Hongkong wurden 3 bis 6 Jahre alter Kinder therapeutisch mit SDF behandelt, ohne dass sich negative Folgen ergeben haben. Eine Laborstudie berichtet, dass die topische Anwendung einer 38-prozentigen SDF-Lösung ca. 50 % weniger Fluorid appliziert als ein Lack mit 5 % NaF. 

Schlüsselwörter

Zahnkaries, Prävention, Fluorid, Kariesbehandlung, minimalinvasive Behandlung, Mundgesundheitspolitik.

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.

Literaturhinweise

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