Zahnmedizin und schlafbezogene Atemstörungen

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2018 in Buenos Aires, Argentina

Kontext

Schlafbezogene Atemstörungen (SRBD) betreffen weltweit Millionen von Menschen aller Altersgruppen. Sie können die Ursache zahlreicher körperlicher, dentaler und psychischer Gesundheitsprobleme von einfacher Tagesmüdigkeit bis hin zu lebensbedrohlichen kardiovaskulären Komplikationen sein. Darüber hinaus können SRBD das Risiko für psychische Probleme wie Depressionen und Medikamentenabhängigkeit erhöhen, die sich negativ auf die sozialen Beziehungen und die Arbeitsfähigkeit auswirken können. Aus diesem Grund können SRBD die Lebensqualität beeinträchtigen und ernsthafte sozio-ökonomische Folgen haben, dazu können der Verlust des Arbeitsplatzes und Verkehrsunfälle gehören.

Geltungsbereich

Diese Stellungnahme will auf die wichtige Rolle der Zahnärzte bei der Prävention, Früherkennung und Behandlung junger und älterer Patienten hinweisen, die unter SRBD leiden, indem sie eine effektive interprofessionelle Zusammenarbeit mit Fachärzten für Schlafmedizin eingehen.

Definitionen

Schlafbezogene Atemstörungen (SRBD): Störung der normalen Atmung während des Schlafs.

Die am häufigsten anzutreffenden SRBD sind​: Schnarchen, die Verengung der oberen Atemwege ohne vollständigen Verschluss (UARS) und die obstruktive Schlafapnoe (OSA). Diese treten auf, wenn die Atemwege einer Person während des Schlafs trotz Atmungsversuchen  wiederholt obstruiert sind. Der hintere Teil der Zunge rutscht in den Rachen und unterbricht den Luftstrom. Das Ergebnis sind lautes Schnarchen und Atemaussetzer im Schlaf und dadurch bedingt ein Wechsel von der Tiefschlafphase in einen oberflächlichen Schlaf, manchmal in Verbindung mit Episoden nächtlichen Erwachens, Kurzatmigkeit und Schnappatmung.

Protrusionsschiene (Mandibular Advancement Device - MAD): therapeutische Vorrichtung, die während des Schlafs den Unterkiefer und damit auch die Zunge in in einer protrudierten Stellung hält, verhindert dass die Zunge den Atemweg verschließt und dem Patienten die Atmung erleichtert. Protrusionsschienen, in milden bis moderaten OSA-Fällen eingesetzt, sind einfacher und komfortabler zu verwenden als die kontinuierliche Überdruckbeatmung (Continuous Positive Airway Pressure -  CPAP). Die Therapietreue von Patienten wird deshalb bei einer MAD-Therapie wesentlich höher eingeschätzt als bei CPAP. Die kontinuierliche Überdruckbeatmung (CPAP) kommt bei moderaten bis schweren Fällen zum Einsatz, trotzdem sollten Protrusionsschienen versuchsweise eingesetzt werden, wenn der Patient die Vorschriften der CPAP-Anwendung nicht befolgt. In bestimmten Fällen kann ein operativer Eingriff in Erwägung gezogen werden, begrenzt jedoch auf eine sorgfältige Patientenauswahl und bei spezieller Indikation.

Grundsätze

Nach Durchführung einer sorgfältigen Untersuchung entweder durch einen Facharzt für Schlafmedizin oder einen Zahnarzt oder beide (je nach örtlichen Zulassungsanforderungen) kann ein Behandlungsplan erstellt werden, und es wird über die geeignete Vorrichtung entschieden.

Stellungnahme

Der FDI Weltverband der Zahnärzte empfiehlt:

  • Universitäten und nationale Zahnärzteverbände den Studenten und Zahnärzten die grundlegenden Kenntnisse über die wichtige Rolle der Zahnmedizin bei der Prävention und Behandlung von SRBD zu vermitteln, dies gilt besonders auch für die Früherkennung bei Kindern und die Prävention von Spätformen. Dies kann auch eine unverzügliche Behandlung  beinhalten;   
  • dass Fragen über die Schlafqualität des Patienten und damit verbundene Angaben, um eine SRBD erkennen zu können Bestandteil aller Patientenformulare in der Medizin und Zahnmedizin sind;
  • dass Zahnärzte ihren Patienten alle erforderlichen Informationen zum Verständnis des Prozesses der Diagnose, der Behandlungsoptionen und der Rolle der beteiligten eingebundenen Leistungserbringer geben;
  • dass eine genaue und umfassende medizinische, funktionale und zahnmedizinische Untersuchung sowie ein individueller Behandlungsplan erforderlich sind, damit Patienten mit einer geeigneten MAD therapiert werden können; 
  • dass Zahnärzte sich regelmäßig mit dem Facharzt für Schlafmedizin aus tauschen, um zu einem patientenorientierten, effizienten und positiven Ergebnis zu kommen;
  • dass Behandlungen sowohl subjektiv als auch objektiv im Hinblick auf ihre Effizienz evaluiert werden müssen; Falls eine Behandlung erfolglos bleibt, sollten alle ätiologischen und diagnostischen Faktoren sorgfältig erneut evaluiert werden, und die Vorrichtung ist erneut anzupassen. Falls die Behandlung dann immer noch zufriedenstellend ist, sollten dem Patienten andere Behandlungsmethoden nahegelegt werden;  
  • dass Zahnärzte darin ausgebildet werden, SRBD-Patienten innerhalb der ethischen Grenzen ihres Berufsstandes in Zusammenarbeit mit dem beteiligten Facharzt für Schlafmedizin im Sinne eines erfolgreichen Behandlungsergebnisses und einer höheren Patientenzufriedenheit zu behandeln.

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozioökonomische Zwänge widerspiegeln.

Literaturhinweise

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