Zahnabnutzung

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2023 in Sydney, Australia

Kontext

Die Zahnabnutzung kann das Ergebnis mehrerer mechanischer Beanspruchungen sein, dazu gehören Erosion, Attrition, Abrasion und potenziell auch die Abfraktion, die unabhängig voneinander oder miteinander assoziiert auftreten.  Diese mechanische Abnutzung kann das Ergebnis einer Einwirkung von Säuren (nicht-bakteriellen Ursprungs) und nicht-physiologischen mechanischen Kräften sein, z. B. Zähneputzen, Malokklusion und parafunktionelle Gewohnheiten. Ein geringer Speichelfluss und die damit verbundene verringerte Pufferfunktion können ebenfalls wichtige modifizierende Faktoren sein. Eine erosive Zahnabnutzung (Dentalerosion) kann ebenfalls Symptom einer zugrundeliegenden allgemeinen Pathologie sein wie z. B. eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) oder Bulimia nervosa. Die Prävalenz von Zahnabnutzungen ist von geographischen Gegebenheiten abhängig und mit 80 % sehr hoch. Eine erfolgreiche Behandlung ist von einer genauen Diagnose und dem genauen Verständnis der Ätiologie abhängig.

 

Geltungsbereich

Die vorliegende Stellungnahme will Orientierungshilfe für die Behandlung der Zahnhartsubstanzabnutzung infolge mechanischer, nicht-bakterieller Beanspruchungen geben. Die Fähigkeiten der zahnmedizinischen Profession, diese Mechanismen besonders in einem frühen Stadium zu erkennen, können sich direkt auf den Erhalt des natürlichen Gebisses auswirken.

 

Definitionen5

Zahnabnutzung: Der kumulierte Oberflächenverlust von mineralisierter Zahnhartsubstanz infolge physikalischer oder chemisch-physikalischer Prozesse, die nicht mit Karies im Zusammenhang stehen.

Zahnabrasion: Physikalischer Verlust von mineralisierter Zahnhartsubstanz durch Kontakt mit Gegenständen, aber nicht mit anderen Zähnen. Im zervikalen Bereich kann sich dies in Form von Einkerbungen des Zahns zeigen.

Attrition: Physikalischer Verlust von mineralisierter Zahnhartsubstanz durch Zahn-auf-Zahn-Kontakt.

Abfraktion: Ein keilförmiger Defekt im Bereich der Schmelz-Zement-Grenze, hervorgerufen durch chronische traumatische okklusale Kräfte. (Die Verwendung dieses Begriffs wurde in Anbetracht der klinischen Evidenz in Frage gestellt, die Abfraktion als separaten Prozess zu betrachten).

Erosion: Chemisch-mechanischer Abnutzungsprozess, der zum kumulativen Verlust von Zahnhartsubstanz führt und keine bakteriellen Ursachen hat.

Säure extrinsischer Herkunft: Säure, die in erster Linie aus der Nahrung, der Umwelt und/oder Medikamenten stammt.

Säure intrinsischer Herkunft: Säure, die vorwiegend aus dem Magensaft stammt.

 

Grundsätze

Die Progression der Zahnabnutzung kann kontrolliert oder verhindert werden, wenn die Ätiologie genau bekannt ist und zweckmäßige Maßnahmen ergriffen werden. Solche Präventivmaßnahmen beinhalten u. a. eine genaue Betrachtung der Situation in der Mundhöhle, Verhaltensänderungen (z. B. Angewohnheiten beim Essen, Trinken und beim Zähneputzen) und Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachleuten zur Behandlung in Fällen von GERD, Rumination oder Essstörungen, die mit wiederholtem Erbrechen einhergehen (z. B. Bulimia nervosa). Nach Feststellung der zugrundeliegenden Ätiologie kann schließlich eine zweckmäßige restaurative Intervention entscheidend für den langfristigen Erhalt der Zahnstruktur sein.

 

Stellungnahme

Der FDI Weltverband der Zahnärzte empfiehlt:

  • alle Patienten sollten regelmäßig überwacht und von einer zahnmedizinischen Fachkraft auf Anzeichen von Zahnabnutzung untersucht werden. Diese Maßnahmen sind entsprechend zu dokumentieren, bevorzugt begleitet von klinischer Bildgebung;
  • die Aufklärung des Patienten ist wichtig für die Kontrolle der Progression einer festgestellten Zahnabnutzung;
  • präventive, auf eine Diagnose gestützte Empfehlungen beinhalten:
    • Identifizierung und Kontrolle oder Beseitigung der Quelle intrinsisch gebildeter Säuren, evtl. Überweisung an geeignete Spezialisten;
    • Verwendung einer nicht-aggressiven Zahnputztechnik und einer gering abrasiven Zahnpasta6;
    • Verwendung eines neutralisierenden, remineralisierenden oder präventiven Mittels vor oder nach einer Säurebelastung (z. B. Milch, Joghurt oder CPP-ACP-haltige Produkte, Fluoridprodukte oder Zahnpasta mit Zinnfluorid/Zinnchlorid); 
    • Anregung der Speichelproduktion;
    • Beurteilung der okklusalen Funktion und, wenn angezeigt, Verwendung einer individuell angepassten interokklusalen Schiene;
  • es können klinische longitudinale Studien verwendet werden, um die Progression der Läsion zu überwachen;
  • es kann eine restaurative Intervention in Betracht gezogen werden, um die Progression weit fortgeschrittener Läsionen, dentine Hypersensitivität und Schmerzen zu verringern oder zu stoppen oder Ästhetik und Funktion wiederherzustellen, wenn die zugrundeliegende Ätiologie bekannt ist.

 

Schlüsselwörter

Zahnabnutzung, erosive Zahnabnutzung, Abrasion, Erosion, Attrition, Abfraktion

 

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.

 

Literaturhinweise

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